Mit diesen 6 Fragen zur besseren Strategie

Eine gewagte Aussage gleich zu Beginn: Viele Unternehmen haben keine wirkliche Strategie. Ein strategischer 5-Jahres-Plan ist keine Strategie, eine Balanced Score Card ist keine Strategie, Objectives and Key Results (OKR) sind keine Strategie und eine Vision ist auch keine Strategie. Und selbst wenn eine Darstellung der Strategie zum Beispiel in Form eines Strategiehauses oder einer Präsentation mit bunten Bildern vorliegt, fehlt es ihnen oft an Fokus. Angesichts dieser mangelnden Fokussierung ergeben sich zwei Hauptprobleme:

  • Strategien schließen selten etwas aus: Es werden keine klaren Entscheidungen für oder gegen etwas getroffen – das Ergebnis sind viele gute Absichten, aber wenig klare Aussagen darüber, wo die Strategie im Unternehmen etwas bewirken soll.


  • Strategien sind häufig vage und ähnlich: Unsere Strategie ist es, kundenorientiert zu sein und immer höchste Qualität zu liefern. Solche strategischen Aussagen sind allgemeingültig – in der Regel immer richtig und daher nicht differenzierend. Strategien sind austauschbar.

Schließlich stelle ich oft fest, dass es den Unternehmen sehr schwerfällt, den Mitarbeitenden über die Strategie klarzumachen, was wichtig ist und was nicht. Der Grund dafür ist oft eine nicht ausreichend entwickelte Kommunikationskompetenz. Es gelingt nicht, deutlich zu machen, was die Strategie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet, welche Verhaltensweisen verändert werden sollen und welcher Beitrag von jedem Einzelnen erwartet wird.

Was also ist eine Strategie?

Der renommierte kanadische Wirtschaftswissenschaftler Roger Martin bringt es auf den Punkt:

„Strategie ist was man tut, nicht was man sagt“

Das Zitat stammt aus Martins viel beachtetem Buch „Playing to Win: How Strategy Really Works“. Darin beschreibt er, wie erfolgreiche Unternehmen Strategien entwickeln, die auf klaren Entscheidungen und konkreten Handlungen basieren, statt sich auf vage Absichtserklärungen zu verlassen. Aber nicht nur aus diesem Grund kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Es zeigt auch, wie Unternehmen mit einer klaren und fokussierten Strategie ihre Ziele definieren, Wettbewerbsvorteile sichern und langfristigen Erfolg sichern können.

In den 1970er bis hin zu den frühen 2000er Jahren haben sich zahlreiche Strategen in Forschung und Praxis mit Strategie auseinandergesetzt und verschiedene 'Strategie-Schulen' geprägt. Insbesondere die Arbeiten von Michael Porter, Richard Rumelt und Roger Martin haben meine Denkweise stark beeinflusst. Daher definiere ich eine wirksame Strategie anhand von vier wesentlichen Elementen:

  1. Sie startet mit einer Vision in Form eines Anspruchs und einer Herausforderung.

  2. Sie berücksichtigt die aktuelle Situation von Markt und der eigenen Organisation

  3. Sie stellt eine Hypothese zum Spielfeld (Where to play) und der passenden Differenzierung (How to win) auf.

  4. Sie beschreibt ein kohärentes Set an Entscheidungen und Aktivitäten, die ein Unternehmen wählt, um die spezifische Herausforderung zu lösen.

Die 6 Fragen für eine wirksamere Strategie

Bei der Entwicklung von Strategien gibt es kein Patentrezept. Es gibt jedoch einige Fragen, deren Beantwortung den Weg zu einer effektiveren Strategie ebnen kann. Diese Fragen helfen Unternehmen, ihre Ziele klar zu definieren, potenzielle Herausforderungen zu bewältigen und langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Die folgenden sechs Fragen können Ihnen dabei helfen, die Strategie Ihres Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen und sie auf eine solide Grundlage zu stellen.

Frage 1: Welches Problem soll unsere Strategie lösen? Die strategische Lücke.

Bevor Sie eine Strategie entwickeln, ist es entscheidend, ein klares Verständnis für das Problem zu haben, das Sie lösen möchten. Dieser Schritt legt den Grundstein für eine effektive Strategieentwicklung und ist daher von zentral.

Hintergrund: Die Entwicklung einer Strategie beginnt damit, ein klar umrissenes Problem zu identifizieren. Ohne ein solches Problem besteht die Gefahr, dass die Strategie ihre Wirksamkeit verfehlt.

Definition: Ein Problem liegt vor, wenn das erwartete Ergebnis nicht mit dem aktuellen Ergebnis übereinstimmt.

Schlüsselentscheidung: Welches Problem wollen wir mit dieser Strategie angehen?

Beispiel: Wir wachsen zu langsam, unser Geschäftsmodell passt nicht mehr, es fällt unser immer schwerer uns gegen Wettbewerber aus Asien zu differenzieren.


Frage 2: Was wollen wir gewinnen? Der Anspruch / Vision

Mit der zweiten Frage setzen wir den Fokus auf den Anspruch und die Vision Ihres Unternehmens. Hierbei betrachten wir den Hintergrund, die Definition und die Schlüsselentscheidung, die Ihren Weg zum Erfolg bestimmen.

Hintergrund: Die Frage nach dem Anspruch. Oft fehlt es Strategien an einem klaren Anspruch. Während erfolgreiche Organisationen gewinnen wollen, spielen mittelmäßige Organisationen nur mit. Der Anspruch soll Motivation und Richtung geben.

Definition: Hier definieren wir die Position oder den Anspruch, den Ihr Unternehmen im Markt erreichen will, und ergänzen ihn mit messbaren Indikatoren.

Leitentscheidung: Was bedeutet es für uns als Organisation zu gewinnen?

Beispiele: Das könnte bedeuten, Marktführer in unserer Nische zu werden oder die Nummer eins bei der Wahl unserer Kunden zu sein.


Frage 3: Wo wollen wir spielen? Unser Spielfeld.

Nachdem wir überlegt haben, was wir gewinnen wollen, schauen wir nun, wo wir spielen wollen. Hier geht es um das Spielfeld oder die Arena, die Ihr Unternehmen für die Umsetzung seiner Strategie wählt.

Hintergrund: Die Frage nach dem Spielfeld oder dem Spiel, das wir uns ausgesucht haben, bildet den ersten Teil des eigentlichen Strategiekerns.

Definition: Das Spielfeld beschreibt die Marktsegmente oder "Arenas", in denen Ihr Unternehmen aktiv sein möchte.

Schlüsselentscheidungen: Wir analysieren, in welchen Marktsegmenten, Regionen, mit welchen Kunden und über welche Kanäle wir unsere Produkte und Angebote vermarkten wollen.


Beispiele: Dies kann sich auf einen Fokus auf Europa beziehen, eine Zielgruppe von Geschäftsreisenden ansprechen oder ein Angebot ohne Langstreckenflüge bereitstellen.


Frage 4: Wie wollen wir gewinnen? Unsere Differenzierung.

Nach der Frage, wo wir spielen wollen, geht es jetzt darum, wie wir gewinnen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Differenzierung, die für den langfristigen Markterfolg entscheidend ist.

Hintergrund: Differenzierung ist der Schlüssel für langfristigen Markterfolg und bildet den zweiten Teil des Strategiekerns.

Definition: Differenzierung beschreibt den Ansatz, mit dem wir auf dem gewählten Spielfeld gewinnen wollen.

Schlüsselentscheidung: Wir setzen uns damit auseinander, wie wir auf dem gewählten Spielfeld gewinnen wollen und welche Wettbewerbsvorteile wir erzielen können.

Beispiele: Beispiele für eine erfolgreiche Differenzierung sind der Einsatz eines immer gleichen Flugzeugtyps wie bei Southwest Airline oder das Angebot von Designermöbeln zum Selberbauen zu besten Preisen wie bei IKEA.

Frage 5: Worin müssen wir sehr gut werden? Schlüsselfähigkeiten und Kompetenzen.

Jetzt, da wir uns mit der Vision, dem Spielfeld und der Differenzierung beschäftigt haben, werfen wir einen Blick auf die Fähigkeiten und Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Umsetzung unserer Strategie erforderlich sind.

Hintergrund: Um Wettbewerbsvorteile realisieren zu können, benötigen wir spezielle Fähigkeiten und Kompetenzen. Diese bilden die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung unserer Strategie.

Definition: Die Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Organisation benötigt, um erfolgreich zu sein.

Schlüsselentscheidungen: Wir müssen entscheiden, in welche Kompetenzen und Fähigkeiten wir investieren müssen, um sie auszubauen und zu verbessern.

Beispiele: Das Kostenmanagement bei Unternehmen wie IKEA und Discountern oder die Fähigkeit, bisher unbekannte Kundenwünsche zu erfüllen, wie etwa bei Apple.


Frage 6: Welche Managementsysteme benötigen wir? Das Organisations- und Umsetzungsdesign.

Die sechste und letzte Frage ist von zentraler Bedeutung, denn die richtigen Managementsysteme und -strukturen sind entscheidend, um unsere Strategie effektiv umzusetzen und langfristig erfolgreich zu sein.

Hintergrund: In drei Dimensionen spielen hierbei wichtige Unterstützungssysteme eine Rolle:

  • Überproportionale Ressourceninvestition, um Fähigkeiten aufzubauen oder zu sichern.

  • Neuartige Entscheidungsrechte und -pflichten.

  • Messung und Verfolgung von strategie-relevanten Informationen.

Definition: Die Prozesse und Strukturen, die benötigt werden, um die Strategie zu unterstützen und aufrechtzuerhalten.

Schlüsselentscheidung: Wie managen wir die Strategie und welche Systeme müssen dafür implementiert werden?

Beispiele: Zu den Beispielen gehören Kostenmanagementsysteme, spezielle Führungssysteme und strategische Steuerungssysteme wie die Balanced Score Card.


Benefits der 6 Fragen

Insgesamt bieten die sechs Fragen einen strukturierten Rahmen zur Entwicklung wirksamer Strategien. Dabei helfen sie, Klarheit zu schaffen, unnötigen Ballast zu vermeiden und Diskussionen anzustoßen, um die Strategie in der gesamten Organisation zu verankern.

  • Viel mehr Klarheit zu Anspruch und Herausforderung

  • Alles auf einer Seite - kein unnötiges Blabla (siehe Zielbild)

  • Nutzen der Fragen, um Diskussionen in der Organisation anzustoßen und in die richtige Richtung zu lenken. So wird die Strategie für mehr Menschen zugänglich.


Das Zielbild – oder die Fragen, die eine Strategie (mindestens) beantworten sollte

Wie stehen Sie zum Thema Strategie? Nach welchen Elementen haben Sie ihre Strategie entwickelt und – viel wichtiger – ist Ihre Strategie erfolgreich? Ich bin gespannt auf Ihre Nachricht.

Strategy is about making choices, trade offs; it’s about deliberately choosing to be different.
— Michael Porter

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