Praxistipp Zielmanagement #2: Binden Sie Mitarbeitende in die Zielentwicklung ein

Im zweiten Teil der Blog-Serie beschäftige ich mich mit dem Unterschied zwischen Zielinformation und tatsächlicher Zielvereinbarung und zeige einen praktikablen Weg auf, wie Mitarbeitende in die Zielentwicklung eingebunden werden können.

 

ZielVEREINBARUNG – warum viele es mit der Vereinbarung nicht so genau nehmen

Ich erinnere mich an eines meiner ersten Mitarbeitergespräche, als ich frisch im Vertrieb angefangen habe:

Chef: „Ich sehe riesige Chancen für Produktgruppe 1 in Ihrem Verkaufsgebiet. Ihr Ziel ist es dieses Jahr den Umsatz um 15% zu steigern.“

Ich: „Produktgruppe 1? Dazu habe ich letztes Jahr über 20 Aktivitäten gestartet – da kam nichts bei rum. Produktgruppe 1 macht zudem nur 3% meines Gesamtumsatzes aus – ich würde meine Energie lieber in eine andere Produktgruppe investieren, z.B. in …“

Chef: „Wir müssen als Verkaufsteam aber Fortschritt in Produktgruppe 1 aufzeigen, daher sind die 15% gesetzt.  Kunde Maier, Kunde Müller, Kunde Huber, Kunde Fischer,… sollten zur Vorstellung der Produkte besucht werden – das ist Ihre Aufgabe für die nächsten 4 Wochen.“

Ein typischer Fall für eine Zielvereinbarung, in der der Mitarbeitende über sein Ziel informiert wird. Wenn man es ganz genau nehmen will, war ich eher an einem Zielinformationsgespräch als an einem Zielvereinbarungsgespräch beteiligt.

Aus Sicht der Führungskraft besticht ein Zielinformationsgespräch durch Schnelligkeit, stellt sicher, dass die geplanten Ziele (in meinem Beispiel die Umsatzziele) ganz einfach auf die nächste Ebene runtergebrochen werden und zeigt die hierarchische Überlegenheit der Führungskraft auf.

Und aus meiner Perspektive?                                                                            Commitment? Fehlanzeige…                                                                                   Motivation, für dieses Ziel jeden Tag freudig aus dem Bett zu springen? Fehlanzeige…

 

Es geht aber auch anders: Wie echte Zielvereinbarung funktioniert

Zwei Jahre später hatte ich mein erstes Zielvereinbarungsgespräch mit meinem Gesamtvertriebsleiter…

Chef: „Sie wissen, dass eine unserer strategischen Aufgabenstellungen der Aufbau des Direktgeschäftes ist – welches Ziel setzen Sie sich um in diesem Jahr einen Beitrag zu leisten?“

Ich: „Ich habe mir Gedanken dazu gemacht und bin der Auffassung, dass wir die besten Chancen in der Zielgruppe Z haben. Ich habe den Umsatz letztes Jahr um 10% steigern können und denke, dass ich nochmals was drauf packen kann. Mein Ziel sind 12% Umsatzsteigerung.“

Chef: „12%? Das klingt ehrgeizig. Wie wollen Sie das schaffen?“

Ich: „Ich werde dieses Jahr ganz gezielt an der Steigerung des Angebotsvolumens arbeiten – außerdem denke ich an zwei bis drei interessante potentielle Vermarktungspartner, die ich gerne für uns gewinnen möchte“.

Chef: „Gute Ansätze, das übernehmen wir so als Ziel“

In diesem Fall habe ich tatsächlich eine Vereinbarung mit meinem Chef getroffen. Er erwartet aus der Perspektive der Strategie eine Umsatzsteigerung in einem Marktsegment, er macht somit eine Vorgabe. Es liegt allerdings an mir, diese Vorgabe in ein Ziel umzusetzen und mir Gedanken zu sinnvollen Maßnahmen und Aktivitäten zu machen, um dieses Ziel auch erreichen zu können.

 

Echte Zielvereinbarungen führen zu echter Zielidentifikation

Als Führungskraft habe ich immer versucht, echte Zielvereinbarungen mit meinen Mitarbeitenden zu treffen: Sichten von den Leuten einzuholen, die häufig am nächsten dran sind am Markt, an den Kunden, wissen, welche Produkte und Prozesse laufen. Das steigert die Qualität der Ziele ungemein und führt zudem dazu, dass die Mitarbeitenden sich ganz anders mit den Zielen identifizieren, als wenn sie diese vorgesetzt bekommen.

 

Praxistipp: Binden Sie die Mitarbeitenden in die Zielentwicklung mit ein

Der Grundgedanke von Führen mit Zielen (Management by Objectives, kurz MbO) beinhaltet, dass jeder Manager die Ziele seiner Einheit selbst festlegen muss. Dieses Kernprinzip hat Peter Drucker 1954 bei der Beschreibung seines MbO-Konzeptes geprägt. Das übergeordnete Management hat selbstverständlich das Recht, Zielsetzungen zu genehmigen oder abzulehnen, aber im Kern ist der Mitarbeitende selbst für die Zielformulierung zuständig. Schon in den 50er Jahren wurde die Empfehlung ausgesprochen, die Mitarbeitenden an der Ausarbeitung der übergeordneten Ziele teilhaben zu lassen. Diese Empfehlung ist zeitlos.

In der Praxis gelingt dies durch das Zusammenspiel von Vorgaben und Zielen inkl. Aktivitäten. Die Führungskraft gibt top-down die strategische Richtung vor, in meinem Beispiel von oben „Wachstum im Direktgeschäft“. Der Mitarbeitende entwickelt auf Basis der Vorgabe eigene Ziele und Aktivitäten und meldet diese buttom-up der Führungskraft zurück: Umsatzwachstum von +12% bis Ende des Jahres durch Steigerung des Angebotsvolumens und Gewinnung von 3 Vermarktungspartnern. Das formulierte Ziel entspricht aus Sicht der Führungskraft den Vorgaben und wird freigegeben.

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Sollte das Ziel aus Sicht der Führungskraft nicht passen, startet ein Dialog um eine für beide Seiten passende Zielsetzung zu erarbeiten. Gründe für die Ablehnung eines Zieles können sein, dass z.B. das Ziel nicht zur Vorgabe passt oder der Zielwert unrealistisch bzw. taktisch gewählt ist (ich setze mein Ziel so niedrig, dass ich es auch ohne große Anstrengung erreichen kann).

 

Ein Vorgehen, das die Mitarbeitenden in die Zielentwicklung aktiv einbezieht, hat aus meiner Erfahrung heraus enorme Auswirkungen auf die Identifikation mit dem Ziel. Es ist „sein“ Ziel, nach dem er sich streckt und nicht ein Ziel, dass von oben oder von irgendjemandem anderen aufgedrückt wurde – ein nicht zu unterschätzender Faktor für erfolgreiche Zielerreichung.

 

Photo by rawpixel.com on Unsplash


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